Europa Projekt

Europa : Projekt : Kommentare
von 10 Autorinnen und Autoren aus 10 EU-Ländern

Für die einen ist Europa ein Bürokratieapparat, ein zutiefst gespaltener Kontinent, für die anderen ein Sehnsuchtsort, eine Utopie.
In welchem Europa leben wir heute? Was bedeutet es heute, Europäer, Europäerin zu sein? Welche Hoffnungen, Träume  und Erwartungen sind damit verbunden?

Das Literaturhaus am Inn hat im Hinblick auf die EU‐Wahl vom 23. bis 25. Mai 2019 zehn Autorinnen und Autoren aus zehn EU‐Ländern eingeladen, kommentierend, literarisch, poetisch, kritisch über Europa nachzudenken.

Im Folgenden finden Sie die Texte von Liliana Corobca (RO), Cécile Wajsbrot (FR), Noémi Kiss (HU), Ingo Schulze (DE), Stefano Zangrando (IT), Han Smith (GB), Friederike Gösweiner (AT), Christos Chryssopoulos (GR), Natalia Malek (POL), Aleš Šteger (SI).

In Zusammenarbeit mit der Tiroler Tageszeitung

Da / Spiegelsplitter, womöglich zugehörig zu. Here / Fragments of mirror, possibly belonging to.Han Smith

Da war ein Kind in der Schule, an der ich arbeitete, am Morgen, an dem das Ergebnis des Referendums bekannt gegeben wurde: „Nun kann sich Frau Garcia endlich verpissen, oder?“ Da war das Lehrerzimmer in den Wochen vor der Wahl: „Ich bin sicher nicht rassistisch, aber habt ihr neulich die Innenstadt von Woolwich gesehen?“ … mehr lesen

Here’s a child at the school I used to work at, on the morning the referendum result was announced: “So Ms. Garcia can finally piss off home, then?” Here’s the staffroom in the weeks before the vote: “I’m obviously not racist but have you seen Woolwich town centre recently?” “I’m not racist but why should we take eighty million Turks?” “I’m not racist but come on – it’s about being Great.” … mehr lesen


Europa könnte sein.Friederike Gösweiner

Denkbar wäre etwa: eine demokratische Republik, zunächst wenigstens auf einem Teil jenes Territoriums, das die Menschen heute mit dem Wort Europa assoziieren, mit vielen Zentren, Ethnien und Sprachen und mit Schulen, in denen statt der nationalen und regionalen Oberhäupterabbilder die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen die Wände füllte und eine Weltkarte, in deren Zentrum nicht Europa liegt, und in denen Philosophie wie alle Künste kein Nebenfach wäre und Religionen nur noch gemeinsam unterrichtet würden in einem Fach mit Namen Mythologie.  … mehr lesen


Christos Chryssopoulos

Axiom der ErwartungChristos Chryssopoulos

Wir leben in einer Union (wie ironisch doch mittlerweile dieses „Union“ anmutet), die sich von derjenigen, die wir einst gewohnt waren, mit dem „Europäischen Paradigma“ zu verbinden, entfremdet hat. Bürgerdemokratie und soziale Gerechtigkeit, Schutz vor Armut und Ungleichheit, Chancengleichheit im Hinblick auf soziale Mobilität und den Zugang zu Kultur und Bildung, Arbeits- und soziale Rechte, Toleranz der Differenz, Niederlassungsfreiheit sowie Sozialstaat sind Begriffe, die schon längst nicht mehr auf der Agenda stehen, aus dem öffentlichen Diskurs weitestgehend verdrängt wurden und in die permanente Defensive geraten sind.  … mehr lesen

Ζούμε σε μια Ένωση (μόνον ειρωνικά ακούγεται πλέον αυτό το: «Ένωση») ξένη προς εκείνη που είχαμε κάποτε συνηθίσει να σχετίζουμε με το «Ευρωπαϊκό παράδειγμα». Η δημοκρατία των πολιτών, η κοινωνική δικαιοσύνη, η προστασία από την φτώχεια και την ανισότητα, οι ίσες ευκαιρίες κοινωνικής κινητικότητας, πρόσβασης στην εκπαίδευση και την κουλτούρα, τα εργασιακά και κοινωνικά δικαιώματα, η ανεκτικότητα της διαφοράς, η ελευθερία της εγκατάστασης καθώς και το κράτος πρόνοιας, είναι έννοιες που βρίσκονται εκτός ατζέντας και υπό διαρκή διωγμό.  … mehr lesen


Natalia Malek

2385 km / 2385 kilometrówNatalia Malek

…wenn Leopardi vom Mond sprach, wußte er sehr genau, wovon er sprach.

Italo Calvino, Sechs Vorschläge für das nächste Jahrtausend. Harvard-Vorlesungen, übersetzt von Burkhart Kroeber

Die ebene, isometrische Oberfläche der Weltkarte wurde durch eine anomale Topographie ersetzt, bei der Shannon in größere Nähe zu Kattowitz oder Fuerteventura rückte als zu Brüssel oder Madrid. Die beiden Flughäfen, die Ryanair in Frankreich anflog, waren Beauvais und Carcassonne. Handelte es sich dabei um Bestimmungsorte von besonderem touristischen Interesse? Oder wurden sie nur aus dem Grund touristisch interessant, weil Ryanair die beiden Städte als Zielflughäfen gewählt hatte?

Michel Houellebecq, Karte und Gebiet, übersetzt von Uli Wittmann
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… mówiąc o księżycu, Leopardi dobrze wiedział, o czym mówi.

Italo Calvino, Lekkość, przeł. A. Wasilewska

Płaską, izometryczną mapę świata zastąpiła nienormalna topografia, w której Shannon leży bliżej Katowic niż Brukseli, Fuerteventury czy Madrytu. We Francji Ryanair latał do Beauvais i Carcassonne. Czy były to dwa szczególnie turystyczne kierunki? Czy też stawały się turystyczne tylko dlatego, że zostały wybrane przez Ryanair?

Michel Houellebecq, Mapa i terytorium, przeł. B. Geppert
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EuropaAleš Šteger

Was und wo gab es das schon? War es? Ist es gewesen? War Europa nicht die Gegend westlich des Ural, einen Sprung weit entfernt vom Baikalsee? Unweit von Oz? Oder lag es irgendwo hinter den Steppen von Samarkand? Eine Gegend, von der es hieß, daß die Bewohner es liebten, alleine, jeder für sich zu sein und auch so zu handeln, woraus sie sogar eine Tugend machten, genannt Individualismus? … mehr lesen


Alles Europa / Toate EuropeleLiliana Corobca

Ich glaube, es gibt nicht nur ein Europa.
Es gibt mehrere, ständig, zur gleichen Zeit.
Für manche ist Europa das Land der Illusionen und Träume, für andere, jenes derber Enttäuschungen.
Das Land der Widersprüche und Paradoxe.
Der Identitäten, Minderheiten, Demokratien, Bürokratien, aller möglichen Theorien. … mehr lesen

Cred că nu există doar o singură Europă.
Există mai multe, mereu, în același timp.
Pentru unii, Europa e țara tuturor iluziilor și visurilor, pentru alții, a cruntelor dezamăgiri.
A contradicțiilor și a paradoxurilor.
A identităților, minorităților, democrațiilor, birocrațiilor, a tuturor teoriilor. … mehr lesen


Stimmverlust / AphonieCécile Wajsbrot

Und die gebrochene Stimme der Theresa May vor dem Unterhaus, als sie die zweite Ablehnung ihres Übereinkommens zum Brexit zur Kenntnis nahm, erschien wie die Metapher Europas. Eine heisere Stimme, die Mühe hatte, sich Gehör zu verschaffen, dieselben Dinge wiederholte, sich auf das Erreichte versteifte, sich weigerte, etwas zu verändern, sich zu entwickeln, die wiederholte, es gäbe keine andere Möglichkeit. … mehr lesen

Et la voix cassée de Theresa May devant la chambre des Communes, prenant acte du deuxième refus de son accord sur le Brexit est apparue comme la métaphore de l’Europe. Une voix éraillée, ayant peine à se faire entendre, répétant les mêmes choses, s’arc-boutant sur l’acquis, refusant de changer, d’évoluer, répétant, il n’y a pas d’autre possibilité. … mehr lesen


Was ist Europa?Noémi Kiss

Grenzen, Gräber, Gastland – eine Geografie des Glaubens, dass Menschen hier miteinander sprechen können. Und eine neue Geografie der Wanderung innerhalb Europas. Europa hat Löcher und Brüche. Verlassene Orte gehören zu ihrer Karte, wie auch Wohlstand der Privilegierten. Sowie Trauer, Erinnerung und eine Zukunft. Wanderung von Ost nach West, die so heftig ist, wie nie in der Geschichte des Kontinents. … mehr lesen


Provinz in Europa?Ingo Schulze

Kamen unsere West-Verwandten zu Besuch in die DDR, gebrauchten sie mitunter merkwürdige Redewendungen. Zum Beispiel sagten sie: „Morgen fahren wir zurück nach Deutschland.“ Wer in Charkiw, Kazan oder Sarajewo lebt, wird heute genauso unangenehm berührt sein wie ich damals, wenn wir heute von Europa sprechen und dabei die EU meinen. … mehr lesen


Spannungsraum EuropaStefano Zangrando

Vor einigen Jahren schenkte mir ein deutscher Kollege, von dem ich soeben einen Roman übersetzt hatte, ein „Alpenpanorama“, wie es auch ein Liebespaar in seinem Buch besaß: eine Landkarte, auf der nicht nur der ganze Alpenbogen, sondern auch das, was südlich der Alpen ist, aus der Vogelperspektive zu sehen war. … mehr lesen

Literaturhaus am Inn – Lieben, Sprechen, Fühlen, Genießen
Josef-Hirn-Straße 5
6020 Innsbruck

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