Moderation: Martin Fritz
Kirstin Breitenfellner und Andreas Oberprantacher im Gespräch
„Alle wollen Opfer sein, aber niemand will sich mehr opfern“, so heißt es in Kirstin Breitenfellners aktuellem Sachbuch Wir Opfer. Breitenfellner diagnostiziert für das 20. und 21. Jahrhundert eine zunehmende Verdrängung des „aktiven Opfers“, das sich für etwas hingibt bzw. für etwas hingegeben wird, durch das „passive Opfer“, das sich jemandem oder etwas ausgeliefert fühlt und darunter leidet. Auch wenn die Geschichte der Menschheit voll von unsinnigen aktiven Opfern ist, die Diktaturen, Kriegen oder extremer Armut ausgesetzt sind, so verwundert diese Verdrängung: Fühlen sich doch – und heute mehr denn je – viele Menschen, die man eher auf der Seite der vom Leben Begünstigten oder sogar auf der der Täter_innen sehen würde, als Opfer. Das reicht von all den überzeugten österreichischen Nationalsozialist_innen, die sich nach 1945 als Opfer deutscher Aggression empfanden, bis zu jenen, die sich versehentlich in den Finger schneiden und den Messerhersteller dafür verantwortlich machen. Über die Gründe und die Konsequenzen eines solchen Opferbooms für unsere Wohlstands- und Überflussgesellschaft diskutieren die Autorin Kirstin Breitenfellner und der Philosoph Andreas Oberprantacher.
Eine Kooperation zwischen Literaturhaus am Inn und der Abteilung für Vergleichende Literaturwissenschaft der Universität Innsbruck