Moderation: Barbara Siller
Im Erzählband Zu den Linien folgen Anne Marie Pirchers Protagonisten den Linien, die das Leben zeichnet: Zwei Frauen und ein Mann, die im winterlichen Val di Sela im Trentino nach den Spuren ihrer Vergangenheit suchen. Ein Wellness-Hotel in den Bergen entpuppt sich als Endstation für eine gedemütigte Ehefrau. Und unter den Klängen eines Konzerts von Maurice Ravel zerrinnt ein scheinbares Glück. Ob am westlichsten Punkt Europas oder im heimatlichen Meran, ob als Kind in Mailand oder einfach nur am Fluss entlang. Mit nüchterner Melancholie, mit Andeutung und Aussparung erzählt die Autorin von Zeiten des Übergangs, von der Komik und Tragik des scheinbar Alltäglichen – und von der Ambivalenz des Daseins.
Im Zentrum von Ilma Rakusas Erzählband Einsamkeit mit rollendem „r“ stehen Begegnungen mit Menschen und Orten, vorübergehende Aufhebungen der Einsamkeit in Zürich, Nagoya und Graz, am Mont Ventoux und im slowenischen Karst: Da ist die aus Russland nach Berlin gekommene Marja, eine passionierte Köchin, die in der Fremde erst von den Gräueln der sowjetischen Geschichte der 1930er Jahre erfährt; da ist Katica aus der ungarischen Steppe, die mit Dóra zusammen irgendwo im Westen auf der Straße Geige spielt und dann doch wieder heimkehrt nach Budapest … Es sind Menschen mit sehr gegenwärtigen Biografien, freiwillig und unfreiwillig Reisende, in vielerlei Hinsicht Entwurzelte, Suchende mit rätselhaften, oft dramatischen Schicksalen, denen sich Ilma Rakusa mit großer Diskretion und sprachlicher Sensibilität nähert.
Anne Marie Pircher: Zu den Linien. Erzählungen. Edition Laurin 2014
Ilma Rakusa: Einsamkeit mit rollendem „r“. Erzählungen. Literaturverlag Droschl 2014