Moderation: Gabriele Wild
Sieben Sprünge vom Rand der Welt erzählt vom Schicksal der schlesischen Grolmanns, einer aus Ostpolen nach Wrocław vertriebenen Familie. Simone Grolmann ist 52, etabliert und angesehen, Professorin für Verhaltensforschung, Mutter einer Tochter, ein analytischer Mensch. Und doch hat sie Angst. Angst vor Schnee. Die Angst ist tief in ihr, versunken wie der Breslauer Wald, durch den ihr Vater, sein behinderter Bruder Emil und Lilly, die Mutter der beiden, in der Nacht vom 19. auf den 20. Januar 1945 stapften, bei minus 21 Grad: drei Menschen mit drei durchweichten Pappkoffern. 17 Jahre vor Simones Geburt war das, und doch ist es ihre eigene Angst.
In ihrem neuen Roman kreuzt Ulrike Draesner die Lebenswege von vier Generationen. Virtuos entwirft sie ein Kaleidoskop der Erinnerungen, die sich zu immer neuen Bildern fügen. Sie zeigen, wie die durch Flucht und Vertreibung ausgelösten Traumata weiterwirken und wie sich seelische Landschaften von einer Generation in die nächste weitervererben. Die Geschichten der Grolmanns und der Nienaltowskis werden zum Spiegel von hundert Jahren mitteleuropäischer Geschichte. Sie erzählen von den Mühen und Seligkeiten zwischen Eltern und Kindern, von Luftwurzeln, Freiheit und Migration. Die Entstehung dieses persönlichsten Romans von Ulrike Draesner ist auf der Homepage www.der-siebte-sprung.de dokumentiert.
Ulrike Draesner, geboren 1962 in München, lebt in Berlin, Studium der Anglistik, Germanistik und Philosophie, erschien ihr erstes Buch, der Gedichtband gedächtnisschleifen (Suhrkamp, 1995), Publikationen (Auswahl): Spiele. Roman (2005), berührte orte. Gedichte (2008), Vorliebe. Roman (2010), Richtig liegen. Geschichten in Paaren. (2011, alle Luchterhand) www.draesner.de
Ulrike Draesner: Sieben Sprünge vom Rand der Welt. Roman. Luchterhand 2014