Moderation: Gabriele Wild
Die typischen Genazino-Helden sind äußerlich angepasst, innerlich jedoch ist ihnen die Welt, in der sie leben, längst zu viel geworden. Sie sind Flaneure, die sich in ausgedehnten Spaziergängen durch die Stadt ihre eigene Welt zusammenreimen. In gewisser Weise sind sie Aussteiger aus einer Konsum- und Arbeitswelt, die sie zunehmend als absurd wahrnehmen. Mit wachsender Verzweiflung bemühen sie sich um etwas, das Genazino in Wenn wir Tiere wären als „die allgemeine Lebensersparnis“ bezeichnet hat, und die Flucht vor den Zumutungen des Alltags meint. In seinen Werken, die seit jeher eng mit der Stadt Frankfurt/M. verbunden sind, beschreibt der 2004 mit dem Georg-Büchner Preis ausgezeichnete Wilhelm Genazino die Misere des ganz normalen menschlichen Daseins. Dabei konzentriert er sich immer auf das Wesentliche und gerade diese unbestechliche Klarheit, in der die Lächerlichkeit, die (unfreiwillige) Komik, aber auch die Mangelhaftigkeit und Bedeutungslosigkeit des eigenen Daseins entlarvt werden, ist es, die den Lesenden nahe geht: „Sich in Genazinos Büchern wiederzuerkennen bedeutet, der eigenen Unzulänglichkeit ins Gesicht zu blicken.“ (FAZ, 22.1.2013)
Wilhelm Genazino liest aus seinen Werken Die Liebesblödigkeit (2005) und Wenn wir Tiere wären (2011). Ironisch, witzig und böse erzählt der Autor von einer Gegenwart, die jeden tagtäglich überfordert.
Wilhelm Genazino: Die Liebesblödigkeit. Roman. Hanser Verlag 2005
Wenn wir Tiere wären. Roman. Hanser Verlag 2011