Moderation: Doris Eibl
Es liest Verena Mayr
Der historischen Avantgarde war es eigen zu schockieren, Menschen aufzuregen, sich an die Grenzen des Denkbaren, des Sagbaren, des Darstellbaren heranzuarbeiten, sie bisweilen zu verschieben und neue Denkräume zu erschließen. Der französische Philosoph Jean-François Lyotard sagte über die Avantgarde, sie hätte auf künstlerischer und literarischer Ebene eine Reihe von Fragen vorweggenommen, die ab den 1960er Jahren auf theoretisch-philosophisch-wissenschaftlicher Ebene einen Paradigmenwechsel einleiteten.
Die surrealistischen Künstlerinnen und Schriftstellerinnen Leonora Carrington (1917–2011) und Remedios Varo (1908–1963) inszenierten in ihren Werken Maskeraden, untergruben Geschlechterrollen, zelebrierten Hybridität und Métissage in einer eigenwilligen Prononciertheit, die dem Zwischen den Sprachen, dem Zwischen den Bilderwelten, dem Zwischen den Mythen und den Kulturen im weitesten Sinne geschuldet war, wobei sie sich in ihren Text- und Bildzwischenräumen als mögliche Identitäten unentwegt neu und anmaßend entwarfen.
Doris Eibl, Vertragsassistentin am Institut für Romanistik, arbeitet in ihrer Habilitation zur surrealistischen Literatur von Frauen in der Romania.